Für viele Webforen wird das Urteil des Landgericht Hamburg vom 2.12.2005 (Az. 324 O 721/05) weitreichende Auswirkungen haben. Demnach ist es heise online verboten, Forenbeiträge zu verbreiten, in denen dazu aufgerufen wird, durch den massenhaften Download eines Programms den Server-Betrieb eines Unternehmens zu stören.
Damit wird es für den Heise Zeitschriften Verlag zur Pflicht, sämtliche diesbezügliche Forenbeiträge vor der Veröffentlichung auf diesen Rechtsverstoß hin zu überprüfen.

Die Antragstellerin der dem Urteil zugrunde liegenden einstweiligen Verfügung war das Unternehmen Universal Boards. Sie wendete sich mit ihrem Antrag gegen heise online, da in deren Foren einzelne Forenteilnehmer ein Skript veröffentlicht hatten, das geeignet sein soll, den Betrieb von Download-Services von Universal Boards zu gefährden.

Dies mochten die Antragsteller nicht hinnehmen. Nachdem sie die Antragsgegnerin ergebnislos abgemahnt hatten, erwirkten sie die einstweilige Verfügung der Kammer vom 20. September 2005, gegen die sich der Widerspruch der Antragsgegnerin richtet.

Diesen wies das Gericht nun ab.

Es sah in dem Aufruf durch die Forenteilnehmer einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragsstellerin.

Dadurch das die Antragsgegnerin die über das von ihr eingerichtete und unterhaltene lnternetforum die unzulässigen Blockadeaufrufe verbreitet, wird sie zur Störerin, die auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.

Auch sei die Antragsgegnerin zu eine Prüfung der Inhalte, die sie über ihren lntemetauftritt verbreitet, verpflichtet:

“Denn diejenige Person, die Einrichtungen unterhält, über die Inhalte in pressemäßiger Weise verbreitet werden, muss Vorkehrungen dahingehend treffen, dass über diese Einrichtungen keine rechtswidrigen Inhalte verbreitet werden“

Eine solche Prüfung sei der Antragsgegnerin auch zumutbar, da „sich der Antragsgegnerin die Rechtswidrigkeit eines Blockadeaufrufs schon bei Kenntnisnahme von dessen Inhalt allein geradezu hätte aufdrängen müssen, indem bereits ein reiner Boykottaufruf grundsätzlich rechtswidrig ist (…) und der Aufruf, Betriebsmittel eines Unternehmens durch aktives Tun zu stören, noch deutlich darüber hinausgeht.“

Daran kann nach Auffassung des Gerichts auch die Vielzahl der Einträge in das Forum nichts ändern:

“Eine Einschränkung der Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin für Inhalte, die über das von ihr eingerichtete und unterhaltene lnternetforum verbreitet werden, ergibt sich auch nicht daraus, dass es der Antragsgegnerin aufgrund der – zu ihren Gunsten unterstellten – Vielzahl der Einträge in die von ihr unterhaltenen Foren unmöglich wäre, alle Einträge vor einer Freischaltung – wie dies vor pressemäßiger Verbreitung von Äußerungen grundsätzlich erforderlich ist (…) – durch einen im Sinne von 531 BGB verantwortlichen Mitarbeiter prüfen zu lassen.“

Weiter heißt es in der Urteilsbegründung:

“Denn wer Betriebsmittel bereit hält, die es ihm erlauben, über ein redaktionell gestaltetes Angebot in riesenhafter Anzahl Äußerungen zu verbreiten, unterhält damit eine Gefahrenquelle, indem er einer unbestimmten Vielzahl von Nutzern gerade damit die Möglichkeit eröffnet, in großer Zahl Äußerungen zu verbreiten, die geeignet sind, Rechte Dritter zu verletzen.“

Eine weitere Besonderheit ergab sich im vorliegende Fall daraus, dass die Antragsgegnerin selbst ein Forum zu ihrem Beitrag, in dem sie das Verhalten der Antragsstellerin kritisierte eröffnet hatte. Sie musste daher nach Meinung des Gerichts damit rechnen,
“dass Nutzer, die Beiträge in dieses Forum einstellen würden, dabei ,,über die Stränge schlagen“ und die Gelegenheit nutzen würden, gerade an dieser Stelle, die durch die Veröffentlichung der Antragsgegnerin einen hohen Aufmerksamkeitswert genoss, zu rechtswidrigen Aktionen gegen die Antragsteller aufzurufen.“

Die Boykottaufrufe waren auch nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt,
denn dieses
„findet seine Grenzen jedenfalls da, wo Rechte anderer in einem Ausmaß betroffen werden, das der Durchsetzung des eigenen Standpunktes -oder des Standpunktes desjenigen, dessen Ansichten verbreitet werden – nicht mehr adäquat ist.“