Das Arbeitsgericht Siegen (Urteil vom 03.03.2006 – Az.: 3 Ca 17722/05) hatte sich mit einem Befangenheitsantrag gegen ein Richter zu befassen.

Im Rahmen eines arbeitsrechtlichen Kündigungsprozesses hatte ein Richter die Herkunft einer polnischen Telefonnummer über das Internet recherchiert, dabei herausgefunden, dass es sich bei der polnischen Telefonnummer um eine Festnetznummer handelt und dieses Ergebnis den Parteien in Form eines richterlichen Hinweises mitgeteilt.

Der klagende Arbeitnehmer sah den Richter aufgrund dieses Hinweises als Befangen an, da der Richter mittels der Recherche zugunsten des beklagten Arbeitgebers ermittelt habe.

Der Richter erklärt sich für nicht befangen.

Das Arbeitsgericht Siegen gab dem Richter Recht, da es sich bei der Telefonnummer um eine offenkundige Tatsache handelt, die von dem Richter in Prozess eingeführt werden dürfe.

Wörtlich führte das Gericht aus:

„Zwar hat der Richter außerhalb der mündlichen Verhandlung die Telefonnummer überprüft und danach Informationen zu entscheidungserheblichen Tatsachen eingeholt. Dies rechtfertigt jedoch nicht den Vorwurf einer „Ermittlung auf eigene Faust“. Bei der Feststellung bei offenkundigen Tatsachen scheidet ein solcher Vorwurf aus. Das ergibt sich aus ihrer Natur. Offenkundig ist eine Tatsache, wenn sie zumindest am Gerichtsort der Allgemeinheit bekannt oder ohne besondere Fachkunde auch durch Information aus allgemein zugänglichen, zuverlässigen Quellen wahrnehmbar ist, das heißt wenn sie generell oder in einem bestimmten Bereich einer beliebig großen Zahl von Personen bekannt oder zumindest wahrnehmbar ist. Es kommt nicht darauf an, dass die Tatsache jedermann gegenwärtig ist, es genügt, dass man sich aus einer allgemein zugänglichen und zuverlässigen Quelle ohne besondere Fachkenntnis über die Tatsache sicher unterrichten kann.“

und weiter:

„Als eine offenkundige Tatsache aus einer allgemein zugänglichen zuverlässigen Quelle ist die aus einem Telefonbuch ermittelbare Telefonnummer anzusehen. Dies gilt ebenfalls dann, wenn sie im Internet über entsprechende Datenbanken – sei es über den Namen, des es im Wege der Invers-Suche – ermittelt werden können.“